Bei Gesprächen mit möglichen Neu-Mitgliedern fertigen die Zeugen Jehovas Notizen an. Das Widerspricht europäischem Datenschutzrecht.

Fast reglos stehen sie in Fußgängerzonen und vor Einkaufszentren und preisen die auflagenstärkste, religiöse Zeitschrift der Welt „Der Wachturm“ an, die Zeugen Jehovas. Für die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) sind die Zeugen die bekannteste „Sekte“ schlechthin. Immer wieder sind die sogenannten „Verkündiger“ des Weltenendes von Tür-zu-Tür unterwegs und bitten um ein Gespräch. Und machen sich dabei regelmäßig Notizen.

Für die Zeugen Jehovas handele es sich dabei lediglich um persönliche Eintragungen, im Rahmen ihrer Religionsausübung. Dies gilt nach Auffassung des Generalanwalts am Europäischen Gerichtshof (EuGH), Paolo Mengozzi, nicht. Konkret ging es um einen Fall in Finnland. Die dortigen Zeugen Jehovas machten sich bei ihren Besuchen Notizen zu Name, Anschrift und Datum des Besuchs, aber auch zu Inhalten der Gespräche, insbesondere über religiöse Überzeugungen und Familienverhältnisse. Der finnische Datenschutzbeauftragte ist der Meinung, dass dies europäischem Datenschutzrecht unterliege. Der EuGH-Generalanwalt schloss sich der Ansicht an. Die Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas sei zudem für die von ihren Mitgliedern erhobenen Daten zuständig. Selbst dann, wenn die Notizen nicht zentral gesammelt würden.

In der entsprechenden EU-Datenschutzrichtlinie ist unter anderem vorgesehen, dass Daten nicht länger als notwendig gespeichert werden dürfen. Betroffene müssen zudem ihre Einwilligung dafür geben.

Das Gutachten des Generalanwalts ist nicht bindend, in vielen Fällen halten sich die Richter des EuGH aber daran. Ein Urteil dürfte in einigen Monaten fallen.

Religiöse Sondergemeinschaft

2016 waren nach Angaben der Zeugen Jehovas 8,3 Millionen Personen weltweit missionarisch aktiv. In Deutschland wurden 165.624 Mitglieder gezählt. In der Glaubensgemeinschaft herrscht eine strenge Hierarchie. Sie bezeichnet sich selbst als einzig legitime „christliche, theokratische Organisation,“ die seit 2014 von sieben Männern geleitet wird und sich „leitende Körperschaft“ nennt. Das Leben ist streng geregelt durch die Organisation. So ist etwa der persönliche Umgang mit Menschen, die keine Zeugen Jehovas sind, zu meiden. Das Lesen kritischer Bücher gilt als verwerflich. Es wird auch nicht gerne gesehen, wenn Mitglieder christliche Feste mitfeiern, da diese als heidnisch abgelehnt werden. Parteien oder Gewerkschaften werden kritisch gesehen, weshalb viele Zeugen Jehovas nicht wählen gehen.

Patriarchalisch und traditionell

Ehe und Familie werden hoch geschätzt, deshalb führen vorehelicher Geschlechtsverkehr, Homosexualität und Leben ohne Trauschein zum Ausschluss aus der Gemeinschaft. Hinter den Zeugen Jehovas steht eine restriktive Organisation die von ihren Mitgliedern absoluten Gehorsam erwartet. Bis zu siebzehn Stunden im Monat verbringt ein Zeuge mit seiner missionarischen Tätigkeit, dazu kommen zusätzlich noch Schulungen, Gottesdienste und freiwillige Arbeit für die Gemeinde. Die Mitglieder stehen unter enormen Druck, wenn sie am Ende jeden Monats ihren „Predigtdienstbericht“ dokumentieren müssen. Die Wachturmgesellschaft schuf ein geschlossenes ideologisches System, das jedem Einzelnen seinen Platz in der Gemeinschaft zuweist.

Umgang mit Jehovas Zeugen

Für Situationen, dass die Zeugen Jehovas selbst bei einem vor der Tür stehen und einen ins Gespräch verwickeln wollen hat die EZW folgende hilfreiche Hinweise: Streitgespräche mit Jehovas Zeugen sind wenig sinnvoll. Meist sind Laien der geschulten Gesprächsführung der Zeugen nicht gewachsen. „Sagen Sie deutlich, dass Sie keine weiteren Besuche möchten… Machen Sie Ihren Besuchern klar, dass Sie sich bei Ihrer Kirchengemeinde gut aufgehoben fühlen und keinen Bedarf sehen, sich einer anderen Gemeinschaft anzuschließen.“

Quelle: swp.de